Gore Gothic, #8, 2000, Thorsten Hanisch

UDO KIER - MADE IN GERMANY 

I - Born Under A Bad Sign
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Als an einem Abend während des 2. Weltkrieges die Krankenschwester eines Hospitals alle neugeborenen
Babys einsammelte um sie zur Ruhe zu betten, bat eine Mutter um weitere Minuten mit ihrem neugeborenen Kind. Als kurz darauf das Hospital bombardiert wurde und die Mauern des Gebäudes einstürzten, warf sich die Krankenschwester auf die Neugeborenen um sie zu schützen. Alle starben sie, doch die besagte Mutter hatte Glück. Ihr Bett stand in der Ecke des Zimmers. Mit ihren Händen grub sie ein Loch durch die zusammengebrochene Mauer und winkte Hilfe herbei. Sie und ihr Baby wurde gerettet. 
Unter diesen dramatischen Umständen erblickte einer der wohl besten, produktivsten und charismatischsten Schauspieler des nicht gerade an guten Schauspielern reichen Deutschland die Welt.
Ob in schmuddligen Folterfilmchen wie "HEXEN BIS AUFS BLUT GEQUÄLT", in anspruchsvollerer Kost, wie Lars van Triers "BREAKING THE WAVES", diversen Auftritten in TV- Serien wie u.a. dem 80er Hit "KIR ROYAL", "THE SENTINEL" oder "SEA QUEST DSV", in Horrorfilmen, wie "ANDY WARHOL`S FRANKENSTEIN" oder in Hollywood Blockbustern, wie "BLADE" oder "END OF DAYS" ; die Vielseitigkeit und das Talent seine leider oftmals kurzen Auftritte eindrucksvoll und bleibend zu gestalten, ist schlichtweg phantastisch und macht aus ihm einen der wohl interessantesten Schauspieler überhaupt, dem aber bisher leider immer noch zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird. Und das will ich mit diesem kleinen, feinen Artikel ändern. Nach einer kaufmännischen Ausbildung zog der junge Udo im zarten Alter von 19 Jahren mit der Absicht der englischen Sprache mächtig zu werden nach London, wo er auch einige Schauspielkurse absolvierte. Dank eines Fotos von ihm auf einem Filmmagazin bekam er bald seine erste Rolle in dem Kurzfilm "ROAD TO ST. TROPEZ".
Nach weiteren Auftritten in Filmen wie Eddy Sallers "SCHAMLOS" ergatterte Udo eine Rolle in dem berühmt - berüchtigten Hexenfilm "HEXEN BIS AUFS BLUT GEQUÄLT". Als Schüler Christian von Mem des bösen Hexenjägers Lord Cumberland (Herbert Lom) muss unser Udo dessen böses Spiel im Namen der Kirche und des Landesherren miterleben, was ihn schließlich dazu führt, eine Revolte anzuzetteln.
"HEXEN BIS AUFS BLUT GEQUÄLT", oder auch "MARK OF THE DEVIL" ist Schmuddel - Exploitation pur, der - untermalt von grässlicher Michael Holm- Schlagermucke - mit Folter, Sex & Sleaze, bis der Arzt kommt, wohl nicht jedermanns Sache sein wird. Allerdings kann man diesem Filmchen durchaus eine gewisse filmhistorische Bedeutung attestieren. Wann kam aus Deutschland schon mal so etwas Kaputtes, mit solch einer Besetzung. Immerhin geben sich hier Herbert Lom (Von "SPARTACUS" über "SCHATZ IM SILBERSEE" bis hin zu der "PINK PANTHER"- Serie, und sogar "NACHTS, WENN DRACULA ERWACHT" oder "DEAD ZONE" durften sich mit seiner Anwesenheit schmücken), Herbert Fux (Egal ob Anspruchsvolles wie "DIE VERLORENE EHRE DER KATHARINA BLUM", Schmuddel Sex wie "LIEBESGRÜSSE AUS DER LEDERHOSE 5", Jess Franco - Trash wie "JACK THE RIPPER" oder der letztjährigen Asterix und Obelix - Verfilmung "ASTERIX & OBELIX GEGEN CÄSAR"; Herbert Fux ist überall dabei........) und Reggie Nalder (Immerhin "BIRD WITH THE CRYSTAL PLUMAGE", "FELLINIS CASANOVA" oder "BRENNEN MUSS SALEM") ein Stelldichein.


II - "To know death Otto, you have to fuck life - through the gallbladder!" 
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Als die Produzenten Andrew Braunsberg und Carlo Ponti (Ehemann von Sophie Loren) auf Motivsuche für einen Film im zu dieser Zeit relativ erfolgreichem 3 - D Format waren, brachte Roman Polanski, der zuvor mit Braunsberg eine mäßig erfolgreiche Komödie abgedreht hatte, den Undergroundfilmer Paul Morrisey ins Spiel. Braunsberg suchte Morrisey in New York auf und man wurde sich über eine Verfilmung des "FRANKENSTEIN" - Mythos einig. Morissey veranschlagte 3 Wochen und 300.000 $ für den Dreh, worauf Braunsberg noch einen zweiten Film haben wollte, der dann auf "BLOOD OF DRACULA" hinauslief.
Für die Hauptrolle beider Filme entschied sich Morrisey für den charismatischen Kier, den er 2 Jahre zuvor auf einem Flug von Rom nach München kennen lernte.
"FLESH FOR FRANKENSTEIN" schockte 1974 Filmkritiker und Moralapostel mit jeder Menge Blut & (in "BLOOD FOR DRACULA" etwas mehr) Sex. In dieser derb - ironischen Aufarbeitung der allseits bekannten Frankenstein Kamelle will der sinistre Baron nicht nur Leben aus totem Gewebe erschaffen, er will gleich eine ganze neue Rasse perfekter Serben errichten. Das ganze hat nur einen Haken: Der für sein Geschöpf ausgewählte Kopf stellt sich leider als Mönch da, der sich weigert mit der weiblichen Kreatur zu kopulieren. Was tun ?
Der Streifen entpuppt sich als herrlich respektloser Horrorspaß, der mit theatralisch agierenden Schauspielern, Udo Kiers garstigem Englisch, einer Sexszene mit unglaublich hässlichen Darstellerinnen, billigem Gore, Sätzen wie "Two girls! One man! ...he must be very powerful!" aber `ner Menge Stimmung und einer irgendwie fast schon surrealen Atmosphäre wohl nicht jedermanns Geschmack sein dürfte.
In "BLOOD FOR DRACULA" spielt Mr. Kier den Grafen Dracula, der im streng katholischen Italien nach Jungfrauenblut lechzt, bis er vom kommunistischen Gärtner (sexy und mit ZIEMLICH vielen Nacktszenen Joe Dallesandro) zerhackstückt wird. 
Auch wenn in dieser umstrittenen "DRACULA"- Variante der Sex überwiegt und die Mädels ein wenig hübscher sind, es gilt das gleiche wie für "FLESH FOR FRANKENSTEIN": Die Fans werden jubeln, der Rest wird sich am Boden winden vor Schmerz. Genial ist auf jedenfalls Udo Kiers Interpretation des düsteren Grafen als armselige, schwächliche Kreatur, bei der man eher Mitleid den Furcht empfindet.
Der Grund für seine Darstellung lag auch noch wo anders: "I hatte gerade "FRANKENSTEIN" abgedreht und war ein wenig betrübt. So saß ich an meinem letzten Tag in der Kantine und genehmigte mir eine Flasche Wein als Paul Morrisey hereinkam und sagte: "So, es schaut aus als ob wir einen deutschen Dracula hätten." Ich erwiderte "Wer?" Er meinte: "Du. Aber du musst 10 Pfund übers Wochenende abnehmen". So aß ich einfach nichts mehr und trank nur noch Wasser. Deshalb musste ich in "DRACULA" in einem Rollstuhl sitzen. Ich hatte keine Kraft mehr. Außerdem schwitzte ich am ganzen Körper, weil ich diesen schweren Fell - Umhang tragen musste. Ich war zudem noch so schwach, dass ich kaum laufen konnte."
Diese Torturen hatten sich aber gelohnt. Udo wurde durch beide Filme zum Horror - Ikonen und wird selbst nach Jahren noch immer wieder auf die beiden Filme angesprochen.
Kier selber mag` "DRACULA" sehr gerne: "Als wir "DRACULA" drehten hatten wir kein komplettes Drehbuch. Am Anfang der Filmes wusste ich noch nicht einmal, dass "DRACULA" am Ende sterben sollte. Für einen Schauspieler war das großartig, denn wenn man improvisiert, muss man sich mehr konzentrieren und man arbeitet intuitiver vor laufender Kamera. Die ganzen Proben fallen weg. Das ist es auch, wieso viele Schauspieler nicht die ganze Zeit gut sind, sie spielen zu "geprobt"."
Einer seiner schlimmsten Erinnerungen an "FLESH FOR FRANKENSTEIN" war, als er aus einem Körperdummy echte, ungekühlte Tierinnereinen holen und sie vor sein Gesicht halten musste.
Er vergaß diesen Geruch niemals wieder.

III - "Peitsche für die Lady"
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Der nächste große Hit in der Laufbahn des Mannes mit den schönen Glubschäugchen wurde 1975 Just Jaeckins Adaption des S/M - Skandalromans "DIE GESCHICHTE DER O". Dieser Film war meine erste Begegnung mit ihm und ist meiner Meinung nach einer der Besten, wenn nicht sogar DER beste Erotikfilm aller Zeiten.
Es wird die Geschichte eines jungen Mädchens, das einfach nur O (gespielt von der fantastischen und wunderhübschen Corinne Clery, die auch schon "MOONRAKER" adelte) genannt wird, erzählt. 
Sie ist unsterblich in den schönen Rene (faszinierend geheimnisvoll und sehr, sehr sexy: Udo Kier) verliebt, der sie eines Tages auf das Schloss von Roissy mitnimmt. Es eröffnet sich eine komplett neue Welt, mit eigenen Gesetzen und Bräuchen für O: Die Frauen inklusive dem Dienstpersonal befinden sich in einem völligen Sinnesrausch und sind den Männern völlig untergeben. Gehorsam ist angesagt, Wiederspruch wird bestraft. O muss - wie die anderen Frauen auch - in neckischen Gewändern durch das Schloss laufen, ständig jedem Mann zu Verfügung stehen und nimmt an Ritualen und sexuellen Ausschweifungen jeder Art teil.
O erträgt wiederwillig, aber doch angetörnt, getragen durch die Liebe zu Rene, auch die äußerst schmerzvollen Demütigungen. Als sie das Schloss wieder verlässt und ihren alten Beruf als Modefotografin wieder aufnimmt, stellt sie fest, dass sich ihr Leben verändert hat. Sie kommt nicht mehr los von den alten Regeln, nach denen sie im Schloss leben musste. Schließlich wird sie dem Mann vorgestellt, der für all ihre Erlebnisse verantwortlich war: Sir Stephen. Für diesen Mann war O von Anfang an bestimmt, Rene war bloß der, der O ihrer neuen Liebe zuführte. O kehrt wieder zurück auf das Schloss und zwischen Sir Stephen und ihr entwickelt sich eine tiefe Liebe, die von Gewalt, Regeln ohne Mitleid und Qualen geprägt ist. Als Sir Stephen O verlassen will, erniedrigt sich O noch mehr und bietet sogar ihren Tod an. Dies ist für Sir Stephen ein eindeutiges Liebeszeichen. Es lässt sich von O eine Zigarre auf der Hand ausdrücken. Nun sind sie ein ebenbürtiges Paar.
Der Film wurde - völlig zu Unrecht - von der konservativen Kritik zerfetzt und gilt vielen als frauenfeindlich, wobei gerne übersehen wird, dass die Vorlage von einer Frau stammt und keine zwangsweise Nötigung stattfindet; die Frauen können das Spiel jederzeit beenden. 
Für mich ist dieser feine Film einer der absoluten Alltimefavourites: Die Ausstattung ist äußerst farbenprächtig und phantasievoll, die Kamera ist wunderbar und kleidet die fast schon märchenhaft anmutende Geschichte in traumähnliche, weiche, Bilder, die Schauspieler sind bis in die Nebenrollen prächtig besetzt (allen voran natürlich Udo Kier, der einfach phantastistisch agiert und seit "Flesh For Frankenstein" - Tagen schauspielerisch Riesenfortschritte gemacht hat) , die Musik will ich immer noch auf CD (das Titelthema wurde letztes Jahr von der Hip Hop Gruppe "ABSOLUTE BEGINNERS" in der Hitsingle "HAMMERHART" verwurstet) und die knisternde Atmosphäre verschafft auch nach dem 3.mal Ansehen noch gespannte Hosen.
Diesen Erfolg konnte Udo leider nie wieder wiederholen.
In den drauffolgenden Jahren spielte Kier jedesregelmäßig in Filmen jeglicher Art - meist Fernsehfilmen - 
mit. Erwähnenswert sind hier "SPERMULA" (1976) um eine paar Vampirinnen, die aus New York verschwinden um in Frankreich wiederaufzutauchen und auf einem Landsitz die Männerwelt verrückt zu machen. Jede Menge attraktive Darstellerinnen (u.a. das damalige Top Modell Dayle Haddon), knallige Glitzer Dekors und natürlich unser Herr Kier, der geheimnisvoll wie eh und je durch die Kulissen läuft machen dieses feine Stück Grusel Sleaze trotz etwas viel Gelaber sehenswert. Über Dario Argento s "SUSPIRIA"" muss ich wohl nicht mehr viel sagen, oder doch ? OK, here we go: Durch die Erlebnisse der Mutter seiner damaligen Lebensgefährtin Daria Nicolodi, die laut ihrer Enkelin eine weiße Hexe und Expertin der Magie war, inspiriert, erzählt uns Dario in seinem mystischen, farbenprächtigen Splattermeisterwerk folgende Geschichte: Suzy Banyon, eine junge Amerikanerin kommt nach Deutschland, um den Tanz zu studieren. Schon bei ihrer Ankunft geschehen seltsame Dinge. Ein junges Mädchen flieht in der Dunkelheit aus dem Gebäude und wird wenig später ermordet. Als auch noch ein Blinder, der für die Schule tätig war, von seinem eigenen Blindenhund zerfleischt wird, erkennt Suzy, dass sie zunehmend unter den Einfluss eines dort residierenden Hexenzirkels gerät. "SUSPIRIA" ist Horror in seiner reinsten Form. Beängstigend gruselig, furios gefilmt, ebenso ausgeleuchtet und garniert mit toller Musik. Schlichtweg - auch wenn das unsere Moralapostel mal wieder anders sehen - ein Meisterwerk wie es im Buche steht. Kier ist hier leider nur in einer Nebenrolle als Professor Frank Mandel zu sehen und das noch nichtmal mit seiner eigenen Stimme. Die Szenen mit Udo wurden in München vor der BMW - Fabrik gedreht, doch leider konnte hinterher dank des immensen Lärms nicht die Originaltonspur verwendet werden. Genug Geld um Kier nach Italien zwecks Synchronisation zu fliegen blieb allerdings nicht, und so sprach jemand anders Kier.
Nichtsdestotrotz hält er Argento für einen der "Pioniere und absoluten Meister der Horrorfilme"
Die nächsten Einträge in Udos Filmografie sind leider nicht besonders berauschend. Filme wie "HUNGARIAN RHAPSODY", Robert van Ackeren s "BELCANTO oder DARF EINE NUTTE SCHLUCHZEN ?" oder auch "DIE DRITTE GENERATION" von Rainer Werner Fassbinder (Handlungen bitte woanders nachlesen, bin zu faul zum tippen...hähä) haben sicherlich ihre Daseinsberechtigung, aber waren nicht sonderlich von Belang für Udos Karriere und langweilen mich außerdem zu Tode. Es sollen im Rahmen dieses Artikels ja auch eher die persönlichen Highlights des Autors zum Zuge kommen. Die nächsten erwähnenswerten Einträge finden sich 1981 mit "DOCTEUR JEKYLL ET LES FEMMES" und 1982 mit "INSEL DER BLUTIGEN PLANTAGEN". Ersteres, inszeniert vom Erotik Maestro Walerian Borowczyk ist eine erotisch düstere Version des "DR.JEKYLL AND MR. HYDE" Themas, das allerdings die sexuelle Komponente (angereichert mit `n biiieeesscchheen Gewalt) mehr hervorhebt und zumindest meiner Meinung nach sehr, sehr sehenswert ist und endlich -da nur äußerst schwer erhältlich - von irgendeinem Uncut - Label wiederveröffentlicht werden sollte, zweiteres ein "Frauen hinter Gittern" Filmchen, mies inszeniert und mit ganz schlechten Schauspielern. Trotzdem für Udo Kier Fans irgendwie essenziell. 
Einige Jahre und ein halbes dutzend Filme (und einer Rolle in der zur damaligen Zeit extrem populären TV_ Serie "KIR ROYAL" ) später, traf dann das eine Extrem auf das andere, oder besser gesagt Udo Kier traf auf einem Filmfest Regisseur Christoph Schlingensief. Nachdem man genug gekübelt hatte, kam man auf den Gedanken, dass man unbedingt zusammen drehen müsse. Der Abend resultierte in eine langanhaltende Freundschaft und in Filmen wie u.a. "100 JAHRE ADOLF HITLER - DIE LETZTE STUNDE IM FÜHRERBUNKER ", "DAS DEUTSCHE KETTENSÄGEN MASSAKER" oder "TERROR 2000". "100 JAHRE ADOLF HITLER " ist einzig und allein wegen Kier als ein bis oben hin mit Drogen abgefüllter Hitler sehenswert, der in einer besonders coolen Szene zwecks Kunsterzeugnis seinen Arsch zuerst in einen Bottich Farbe und dann an die Wand drückt. Im "DEUTSCHEN KETTENSÄGEN MASSAKER" verhackstücken Wessis Ossis zur Wurst. Weder besonders lustig, noch geistreich, aber immerhin mit ein paar billigen Effekten aufgemöbelt. "TERROR 2000" entpuppt sich einziges blödes Herumgekasper, worin nicht mal Kier in einer kleinen Nebenrolle mehr begeistern kann, zu sehr nervt der ganze Film. Auch wenn mir jetzt sämtliche Schlingensief - Fans (gibts überhaupt welche ?) ans Bein pinkeln werden: So gut seine Talkshows auch waren, seine Filme sind schlicht und einfach großteils langweilige Intellektuellenkotze.
Punkt, aus fertig und weiter gehts mit dem nächsten Kapitel.

IV - "Udo und die Amis"
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1985 traf Kier bei den Berliner Filmfestspielen Gus Van Sant, der ihm eine kleine Rolle in seinem Stricherdrama "MY OWN PRIVATE IDAHO" gab, was ihm immens half in den USA fußzufassen. Von nun an folgten - wenn auch meist nur kleinere Auftritte - in Filmen wie "ACE VENTURA", zusammen mit Pamela Anderson (Udo mag blonde Superweiber) in "BARB WIRE", in dem Meteoriten Schrott - "ARMAGEDDON", aber auch in europäischen Produktionen wie "PRINZ EISENHERZ" , ", "BREAKING THE WAVES" oder in einer Folge des guten alten Tatorts "DAS MÄDCHEN MIT DER PUPPE" war dieses unglaublich wandlungsfähige Talent weiterhin zu sehen. Wer schon immer eine Schwäche für Sci - Fi Trash hatte, sollte sich schleunigst "JOHNNY MNEMONIC" anschauen. Der poliert wirkende Film nach einer Geschichte des Kultautors William Gibson um einen Daten - Kurier glänzt durch recht ordentliche Effekte, dämliche Dialoge und eine unglaubliche Besetzung: Neben Kier himself spielen: Keanu Reeves, Dina Meyser, Barbara Sukowa, Ice - T, Takeshi Kitano , Henry Rollins und Dolph Lundgren. Äußerst bizarr und sehenswert ist auch sein Auftritt in der Mini - Serie "RIGET" ("HOSPITAL DER GEISTER"), wo Udo als jämmerliches "Geister Baby" geboren wird. Er erinnert sich "Es war ein richtiger "Freudscher Moment" in dieser Dunkelheit, in diesem Model eines Bauches zu sein .Ich war, ein paar Tage lang, richtiggehend verstört. Plötzlich gehst Du geistig wieder einige Zeit zurück, nur um ein Baby zu sein. Sehr seltsam. Das war vielleicht einer meiner schwierigsten Rollen meines Lebens, weil drei Wochen lang nur mein Kopf in jeglicher Art gefilmt wurde. Ich musste auch Dänisch lernen, was eine sehr schwierige Sprache ist. Und ich musste die ganze Zeit weinen und das wirklich, weil Lars von Trier es mir nicht erlauben würde, Augentropfen zu benutzen." 
Obwohl es Kier immer ablehnte seine "DRACULA" Rolle zu wiederholen, war er kurzen Hommagen an seine größten Erfolge nie abgeneigt. So lieferte er auch mit sichtlichem Vergnügen eine Nebenrolle in dem 1998 enstandenen Wesley Snipes Vehikel "BLADE" ab, der den Kampf eines Halb- Vampir, Halb- Menschen und seinem treuen Waffenbauer Whistler gegen den jungen, aufstrebenden Frost schildert. Kier hat hier zusammen mit dem tollen Stephen Dorf unheimlich starke Auftritte, die die zum Teil recht peinliche, aus jeder Szene das Maximum an Coolness herauskitzelnd wollende, Selbstinszenierung des Mr. Snipes schnell vergessen machen. 
Zusammen mit den atemberaubenden Actionsequenzen macht der Film unheimlich viel Spaß und darf sich mit Recht zu den besten Comic- Verfilmungen überhaupt zählen. Weitere Genre Auftritte finden sich mit "REVENANT" (ebenfalls 1998) einer etwas verunglückten Vampirkomödie, die allerdings durch Udo als lispelnden Beisser, der den Kopf abgesägt bekommt, wenigstens zum Teil wieder aufgewertet wird.
Schrecklich fehlbesetzt wurde Kier im letztjährigem Schwarzenegger- Reanimierungsversuch "END OF DAYS".Nicht das er seine viel zu kleine Nebenrolle als diabolischer Psychiater nicht auszufüllen wusste, doch - wie ich schon in Heft 7 schrieb- wenn einer dazu prädestiniert wäre den Teufel zu spielen, dann er und nicht diese Knitterfalte Byrne und an dieser Stelle möchte ich diesen Artikel auch so langsam beenden, denn Udo dreht und dreht und dreht weiter und mir geht der Platz aus; während dieser Artikel entsteht zeigt die IMDB bereits 14 (!!!) Titel alleine für 2000 und 2 neue für 2001 an. Erwähnenswert wäre noch der diesjährige "SHADOW OF THE VAMPIRE", worin es sich um die Dreharbeiten zum Stummfilmklassiker "NOSFERATU- EINE SYMPHONIE DES GRAUENS" von 1922 handelt, die von allerhand merkwürdigen Vorkommnissen begleitet wurden (Personen verschwanden oder starben). Der Film konzentriert sich auf das problematische Verhältnis zwischen dem Regisseur Murnau und seinem Star Schreck. Originell und mit John Malkowich, William Dafoe und natürlich Kier glänzend besetzt ist der Film ein absolutes "Must See" !.
Erwähnt werden soll auch noch, dass der Mann mit dem stieren Blick auch in vielen anderen Bereichen tätig ist. Er trat in einigen Werbespots für z.B. Canon und Philips auf, ließ sich mit Madonna in heißen Posen für ihr Sex- Buch fotografieren, war in Musikvideos von u.a. Madonna und Korn zu sehen und betätigt sich ab und an auch selber musikalisch.
Auch wenn dieser Artikel dem Phänomen Udo Kier anhand der unglaublichen Fülle seines Schaffens natürlich nicht annährend gerecht werden kann, hoffe ich dennoch, dass ich Interesse und vor allem Neugier auf einen der wohl besten Schauspieler dieser Zeit und auch auf eine äußerst interessante und schillernde Persönlichkeit, die gerne auf Fragen wie "Was machst Du am liebsten in deiner Freizeit ?" (Verona Feldbusch) mit "Onanieren" antwortet, geweckt habe.

(c) Gore Gothic 2000 (mit freundlicher Genehmigung von Thorsten Hanisch)
 

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