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Express, 19.08.2002, Sandra
Ebert
Express Sommergespräch, heute mit Udo
Kier
Sommer - das ist die Zeit für leichte, luftige Gespräche. Beim Wein,
beim Prosecco oder beim Kaffee. Deshalb treffen wir uns wieder mit
Kultur-Prominenten zum "Sommergespräche". Das Motto lautet: Reden wir
mal nicht über den Job. Heute mit Film-Star Udo Kier, der in Los
Angeles und Köln lebt. Er hat nicht nur mit den ganz Großen in
Hollywood gedreht, sondern - man höre und staune - er kann auch
Fliesen verlegen.
Ich war ein Künstler-Groupie
Express: Reden wir mal nicht über den Job. Du bist in Köln
aufgewachsen - an was erinnerst du dich noch?
Ich habe nur noch bruchstückhafte Erinnerungen. Wie ich im gestrickten
Anzug zur Kommunion ging.
Wenn du in Köln bist, fährst Du mit der KVB. Wie reagieren die Leute
auf Dich?
Viele glauben nicht, dass ich es wirklich bin. Dann höre ich sie
flüstern. Der sieht ja aus wie der Schauspieler....". Ich bin stolz
auf die Anerkennung. Am Anfang meiner Karriere hatte ich noch
Zeitungsausschnitte vom Express über mich in der Tasche......
Wolltest du schon als Kind Filmstar werden?
Bis ich 17 war, gab es bei uns nur kaltes Wasser. Mein Bett war ein
Schrankbett. Ich wollte dem armen Milieu entfliehen und hatte das
Glück, gut auszusehen. Das war ein guter Start.
Bist du eitel?
Nö. Ich besitze nicht mal einen Kamm. Aber wenn meine Augenlider so
schwer werden, dass ich nicht mehr sehen kann, lasse ich mich liften.
Wenn es um die Zähne geht, bin ich eitel. ich gehe nach wie vor in
Köln zu meinem Zahnarzt Dominik Petraitis.
Hast du Probleme mit dem Älterwerden?
Ich mache mir natürlich Gedanken. Aber dann ertappe ich mich dabei,
wie ich die Treppe raufhüpfe wie ein Teenager und denke: So schlimm
ist es also nicht.
Treibst du Sport?
Überhaupt nicht. Ich habe es vor zwei Jahren mal versucht - und
gehofft, dass die Stunde bald rum ist. Nach drei Tagen sah ich noch
kein Resultat und habe entschieden, dass ich lieber einen kleinen
Bauch habe.
Wie lebst du in den USA?
Ich gehe selber in den Supermarkt, bringe meine Sachen in die
Reinigung. Es gibt Fans, die beginnen ein Gespräch - und gehen nicht
mehr weg. Wenn man das nicht will, muss man nach Beverly Hills ziehen
und eine dicke Sonnenbrille tragen. Dazu habe ich keine Lust.
Wenn du selber einkaufst, kochst du auch?
Ich koche gerne für Freunde, und dann wird es zum Ritual. Ich gehe
schon morgens zum Markt, begutachte jede Tomate und jedes Blatt
Petersilie. Wenn meine Gäste das Essen einfach nur runterschlingen,
dann werden sie nicht mehr eingeladen. Dafür mache ich mir nicht
stundenlang Mühe!
Wie bist du eingerichtet?
Ich sammle Möbel von Designern aus den 50er und 60er Jahren wie Eams
und Mies van der Rohe. Und ich habe viel Kunst von den Malern
geschenkt bekommen. Mal hängen ganz viele Bilder, mal nur eins. Ich
habe so Phasen, wo ich Wände Apfelgrün oder Orange streiche und dann
wird alles runtergerissen.
Renovierst du etwa selber?
Und wie! Im Haus in Los Angeles bastele ich ständig rum. Ich kann
Anstreichen, Fliesen legen, Lampen anbringen. Für mich ist das
Entspannung.
Was entspannt dich noch?
Ich lese Bilderbücher. Also Ausstellungskataloge und Fotobände. Ich
sammle Kunst. Ich war ja in meiner Kölner Zeit ein richtiges
Künstler-Groupie. Ich fand die Freiheit faszinierend, wie die Künstler
lebten. Bei den Feiern lagen wir auf dem Tisch und manchmal unterm
Tisch.
Klingt so, als hättest du nichts ausgelassen. Und heute?
Wenn das Leben für mich nicht mehr erotisch wäre, könnte ich mich ins
Grab legen. Aber wenn man jünger ist, braucht man viele erotische
Beziehungen. Wenn man älter ist, braucht man Freunde.
Was bedeutet Freundschaft?
Wenn jemand meinen kleinen Finger zum Leben braucht, schneide ich ihn
mir ab. Ich würde mir dann sehr wahrscheinlich einen aus Gold machen
lassen......
Bist du ein Einzelgänger?
Ich bin ein Einzelmensch. Ich weiß nicht, ob mir jemand fehlt. Meine
drei Hunde fehlen mir. Die habe ich von der Straße gerettet. Bobby
Brown, Kimba und Greta - die lieben mich bedingungslos.
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