
|
TV
Movie, # 13, 16. Juni 2001, Sabine Schrader, Jens Golombek
Hollywoods verrücktester Film
DRACULAS COMEBACK
SHADOW OF THE VAMPIRE - das ist ein außergewöhnliches Blutsauger-Epos
in Top-Besetzung. In den Hauptrollen: John Malkovich, Willem Dafoe -
und Udo Kier ("Armaggeddon") aus Köln. In Hollywood ein Star. TV Movie
besuchte ihn in L.A.
Die Filmcrew erstarrt vor Grauen, denn dieser Name ist Programm! Herr
Schreck,
der sich aus dem Dunkel der Mauernische schält, kommt direkt aus einem
Albtraum:
Finger wie Spinnen, bleicher Kahlkopf. Hinter den blassen, blutleeren
Lippen
schimmern Fangzähne. "Wo hast du diesen Kerl her?", flüstert Produzent
Albin
Grau (Udo Kier) halb fasziniert, halb angewidert. Regisseur F.W.Murnau
(John
Malkovich) ist dabei, Filmgeschichte zu schreiben. Mit "Nosferatu -
Eine
Sinfonie des Grauens" dreht er den ersten Dracula-Film!
Eine bizarre, ungewöhnliche Zeitreise, auf die uns Hollywood hier
mitnimmt -
"Shadow Of The Vampire" spielt in der düsteren Welt des deutschen
Stummfilms.
Gedreht in grobkörnigem Schwarzweiß und matten Farben, erzählt der
Film die
abgedrehte Geschichte eines Vampir-Darstellers, der sich als echter
Blutsauger
entpuppt. Die Idee basiert auf einem alten Foto, auf dem der deutsche
Stummfilmregisseur F.W.Murnau (1888-1931) beim Dreh seines Klassikers
"Nosferatu" zu sehen ist. Drehbuchautor Katz: "Auf dem Bild waren
Murnau und
seine Crew. Alle trugen Labormäntel und Schutzbrillen. Es wirkte, als
ob die
Dreharbeiten für Murnau so etwas wie ein wissenschaftliches Projekt
waren."
"Shadow Of The Vampire" ist eine tiefe Verbeugung vor der deutschen
Stummfilmära. Da darf ein Deutscher natürlich nicht fehlen. So führt
auch
diesmal kein Weg vorbei an Udo Kier (56). Seit 1991 lebt der gebürtige
Kölner in
Los Angeles, dreht an die zwölf Filme pro Jahr. TV Movie sprach mit
dem "König
der Nebendarsteller" über Blutsauger, Hollywood und Filme, die 30
Jahre dauern.
TV Movie: Sie haben bereits zwei Vampirfilme gedreht. Welcher war denn
der
spannendere?
Udo Kier: Beide Filme kann man nicht miteinander vergleichen! 1973
habe ich in
"Andy Warhols Dracula" die Titelrolle gespielt und 1998 in "Blade"
den
Blutsauger Dragonetti. Der erste war ein Kunstwerk mit einem
Mini-Budget von
350 000 Dollar, "Blade" hingegen eine 50-Millionen-Dollar-Produktion.
Was fasziniert Sie an Vampiren?
Ich finde sie sehr erotisch. Und scheine damit nicht allein zu sein:
Vampirfilme
sind gerade bei jungen Leuten momentan total angesagt.
In "Shadow Of The Vampire" gehen Sie zur Abwechslung niemandem an die
Gurgel.
Nein, das erledigt diesmal Willem Dafoe. Ich spiele den Produzenten
Albin Grau -
Aber auch der war eine dubiose Figur. Er gehörte in den 20ern
zahlreichen
Geheimbünden an und trieb das Geld für den Film auf, ohne dass jemand
genau
wusste, wo es herkam.
Wie waren die Dreharbeiten zu "Shadow Of The Vampire"?
Aufregend-und sehr anstrengend. Wir haben von morgens bis abends in
einer Gruppe
zusammengearbeitet, und zwar alle gleichzeitig. Dieses Teamwork war
nur möglich,
weil der Dreh in Luxemburg stattfand. In Hollywood dagegen bleibt man
am Set ein
Einzelkämpfer. Alles läuft hier nach dem Motto: Wann bin ich dran?
Und welche Folgen hatte das ungewohnte Arbeiten im Team?
Wir standen beim Drehen mit totaler Leidenschaft hinter dem Projekt -
so wie die
Filmemacher von damals. Wir wollten zeigen, welche Pionierarbeit die
Künstler in
den 20er-Jahren geleistet haben.
Und welches Ding drehen Sie gerade?
Wieder etwas total Verrücktes: Lars von Triers "Dimension". Die
Handlung darf
ich nicht verraten; die ist streng geheim. Insgesamt soll 30 Jahre
lang daran
gefilmt werden, sieben Jahre haben wir schon hinter uns. Wir trefen
uns meistens
in der Weihnachtszeit und drehen jeweils drei Minuten. Am Ende sollen
90 Minuten
rauskommen. Premiere soll dann im Jahr 2024 sein. Ist doch irre, oder?
Haben sie keine Angst, dass der Zahn der Zeit an Ihnen nagt?
Und ob! Ich stehe 30 Jahre unter Vertrag und weiß nicht mal, ob ich
die Premiere
erlebe. Im Jahre 2024 wäre ich..... Na, ich will lieber nicht
nachrechnen. Aber
das ist ja der Sinn des Projekts: Der Film zeigt, wie man im
Zeitraffer
innerhalb von 90 Minuten 30 Jahre älter wird und sich verändert. Die
Haare
fallen aus, man wird dicker, schrumpft. Am Tag der Premiere kommen wir
dann
wahrscheinlich alle im Rollstuhl oder auf Krücken ins Kino!
Bis dahin bleibt Ihnen ja noch etwas Zeit: In welche Rolle würden Sie
gerne mal
schlüpfen?
Ich habe in meiner Karriere unglaublich viel erreicht. Ein Traum
allerdings hat
sich bis jetzt noch nicht erfüllt: Ich möchte einmal den Bösewicht in
einem
James-Bond-Film spielen!
---
|